Führe mich in Versuchung – wie nah lasse ich meine Mitarbeiter an mich ran?

In meinen Führungskräfteseminaren höre ich immer wieder Führungskräfte, die sagen, dass es nicht gut ist seine Mitarbeitenden nah an sich heranzulassen. Man sollte die nötige Distanz waren, heißt es oft. Ich glaube hier gibt es ein Missverständnis.

Diese Menschen würden wahrscheinlich nicht auf die Idee kommen ihren Partner oder ihre Partnerin auf Distanz zu halten. Und genau hier liegt der Fehler. In Partnerschaften lassen wir zwar unserem Gegenüber Nähe zu, schaffen es leider aber oft nicht uns abzugrenzen.

Hierzu ein Beispiel:

Ein Mann geht mit seiner Frau ins Theater. Nach dem Theater geht er mit ihr etwas trinken, obwohl er eigentlich müde vom harten Alltag ist. Sein Bedürfnis wäre gewesen nach dem Theater nach Hause zu fahren. Dieses Bedürfnis hat er aber nicht ausgesprochen. Die Frau geht also davon aus, dass er es auch schön findet. Er wiederum hatte Angst sie zu verletzen. Im Verlauf des Abends merkt die Frau, dass irgendwas nicht stimmt.

Ich denke du weißt, wie die Geschichte weitergeht.

Anderes Beispiel:

Eine Frau kommt von der Arbeit und fängt nach dem Abendbrot an wieder mal über ihre Kollegen zu lästern. Sie ärgert sich und lässt ihrem Frust freien Lauf. Der Mann hört sich die Geschichte an und kann es im besten Fall gut tragen. Wenn das aber immer wieder passiert, würden viele wohl gerne sagen: „Tut mir leid Schatz, ich kann dir da heute nicht zuhören, ich kann das nicht tragen.“

Von solchen Situationen gibt es unendlich viele. Erwartungen, die nicht ausgesprochen werden oder die Abgrenzung zum Partner sind wohl die schwierigsten Herausforderungen in partnerschaftlichen Beziehungen.

"I suppose leadership at one time meant muscles; but today it means getting along with people." - Mahatma Gandhi

Zurück zur Führung.

Genau hier ist der Denkfehler. Mitarbeitende kannst Du sehr wohl nah an dich heranlassen. Du darfst dich auch verletzlich zeigen. Dir sollte es jedoch gelingen dich im richtigen Moment abzugrenzen. Noch besser wäre es den Mitarbeitenden zu Beginn ein Spielfeld und somit die Grenzen klar abzustecken. Damit zeigst Du, ich bin für dich da, du interessierst mich und wir können auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Aber ich mache nicht deine Arbeit. Ich erwarte Pünktlichkeit und gute Arbeit von dir.

Vor allem die Generationen Y und Z sind daran interessiert wahrgenommen zu werden, Gefühle zeigen zu dürfen und Wertschätzung zu erleben. Hier ist eine gute und auch nahe Beziehung wichtig.

Dies erfordert harte Arbeit, Klarheit und wahrscheinlich auch das Überwinden von Ängsten. Nur so ist es meiner Meinung nach möglich in Zukunft auf Augenhöhe zu „Führen“. Wenn wir dann überhaupt noch von Führung sprechen.

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